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Echte Veränderung bei L’Oréal – so wird ein Welt­konzern nach­haltig

22. Juni 2023
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Ein Artikel von Studio ZX in Kooperation mit der L’Oréal Groupe

Unternehmen tragen für Umwelt und Klima große Verantwortung, ist Joël Tronchon über­zeugt. Der Europa-Nach­haltig­keits­chef der L’Oréal Groupe erklärt, warum die grüne Transformation nur im Miteinander gelingen kann.

Herr Tronchon, als größter Kosmetikhersteller der Welt trägt L’Oréal beim Thema Nach­haltig­keit eine besondere Verantwortung. Wie sieht Ihre Strategie aus?

Das Jahrzehnt bis 2030 ist entscheidend im Kampf gegen den Klima­wandel. Wir stellen jetzt die Weichen für unsere Zukunft. Deswegen haben wir 2020 mit „L’Oréal For The Future“ ein transformatives Programm gestartet, mit dem wir unsere Geschäfts­aktivitäten, aber auch das Handeln unserer Geschäfts­partner und Konsument:innen in Einklang mit den planetaren Belastungs­grenzen und dem 1,5-Grad-Klimaziel bringen wollen. Wir haben konkrete Ziele formuliert: für den Schutz von Klima, Wasser, Biodiversität und natürlichen Ressourcen, für die Zusammen­arbeit entlang der Wert­schöpfungs­kette und auch für die finanzielle Unter­stützung von Projekten zur Förderung von Frauen, Biodiversität und Kreis­lauf­wirtschaft.

Umwelt- und klimawissenschaftliche Erkenntnisse spielen für unser Handeln allerdings schon weitaus länger eine wichtige Rolle. Beispiels­weise betreiben wir seit 1995 ein Umwelt­labor, das die Auswirkungen unserer Produkte auf die Umwelt unter die Lupe nimmt. 2009 haben wir erste industrielle Ziele formuliert, um CO2-Emissionen zu reduzieren. Und 2013 ging mit „Sharing Beauty With All“ unser erstes dezidiertes Nach­haltig­keits­programm an den Start, das 2019 einen erfolg­reichen Abschluss fand. So haben beispiels­weise 35 unserer Standorte weltweit, darunter 14 Fabriken, durch den ausschließlichen Einsatz von regenerativen Energien und Energie­effizienz­maßnahmen bis 2019 CO2-Neutralität erreicht.

Joël Tronchon, Chief Sustainability Officer Europe für L’Oréal
© L'Oréal Groupe

Joël Tronchon begann seine Karriere bei der NGO Foundation Against Exclusion und übernahm mehrere Positionen als Personal­leiter in FMCG-Unternehmen wie L’Oréal und Groupe SEB sowie im Einzel­handel bei Groupe Casino. Von 2011 bis 2021 leitete er die Position des Chief Sustainability Officer bei Groupe SEB. Seit Oktober 2021 ist er Chief Sustainability Officer Europe für L’Oréal.

Was sind die größten Stell­schrauben, was die größten Heraus­forderungen bei der Veränderung hin zu mehr Nachhaltigkeit?

Die Herausforderungen sind vielfältig. Als wir damit anfingen, uns mit dem kompletten Lebenszyklus unserer Produkte aus­einander­zusetzen, stellten wir schnell fest, dass wir vor allem die CO2-Emissionen und den Wasser­verbrauch ins Visier nehmen müssen. Bis zu 80 Prozent der Umwelt­auswirkungen eines Shampoos sind mit der Anwendung verbunden, bei einer Spülung sind es bis zu 60 Prozent – weil wir eben im Regel­fall warm duschen. Wir haben dabei gelernt: Durch die Art und Weise, wie wir Produkte zusammen­setzen und gestalten, können wir unseren Kund:innen dabei helfen, nachhaltiger zu konsumieren. Das geht beispiels­weise mit festen Shampoos, die ohne Plastik­verpackung auskommen und schnell auswaschbar sind. Oder mit Spülungen, die man gar nicht erst auswaschen muss.

Verpackungen sind eine weitere wichtige Stell­schraube. Unter dem Motto „Reduce, Replace, Recycle“ passen wir die Verpackungen weiter an und reduzieren sie auf das absolute Minimum. Gut sehen kann man das zum Beispiel an den neuen Verschlüssen unserer Tuben, die bis zu 75 Prozent weniger Material benötigen. Darüber hinaus eliminieren wir schädliche Materialien, tauschen Neuplastik Stück für Stück aus und setzen auf Recycling­fähigkeit oder Nach­füll­optionen, die bis zu 80 Prozent Verpackung einsparen können.

Aber all diese Veränderungen fruchten nur, wenn unsere Kund:innen gemeinsam mit uns auf diese Reise gehen. Wir brechen mit vertrauten Ästhetiken und Gewohnheiten – das muss von den Konsument:innen erst akzeptiert werden. Schließlich müssen Nach­füll­lösungen künftig nicht nur für Handseife, sondern auch für Parfüm, Shampoo oder Duschgel ganz selbst­verständlich Teil des Alltages werden.

Das sind sehr viele Maßnahmen. Welche Prozesse haben Sie bei L’Oréal als Erstes verändert, um nach­haltiger zu werden?

Unser Umweltlabor hatte ich bereits erwähnt. Wir haben also 1995 damit gestartet, die Umwelt­auswirkungen unserer Produkte unter die Lupe zu nehmen und sie, wenn nötig, zu verändern. Seit 2007 treiben wir die Umgestaltung unserer Verpackungen voran. 2013 haben wir uns dazu verpflichtet, das ökologische und soziale Profil – also beispielsweise die Arbeits­bedingungen entlang der Lieferkette – aller unserer neu eingeführten oder über­arbeiteten Produkte zu verbessern. Dabei stützen wir uns auf eine wissenschaftliche Methode, die nach dem Ansatz der planetaren Belastungs­grenzen 14 Wirkungsfaktoren über den gesamten Lebenszyklus unserer Produkte analysiert – beispiels­weise CO2-Emissionen, Wasserverbrauch oder Einfluss auf die Biodiversität. Bis Ende 2022 haben wir so bereits erreichen können, dass 97 Prozent unserer Produkte umwelt­freundlich gestaltet sind. Und wenn man sich mit der Zusammen­setzung seiner Produkte intensiv auseinander­setzt, landet man auch sehr schnell bei der Frage, wie der Herstellungs­prozess aussieht und wie man diesen Bereich optimieren kann.

Welche Fortschritte in Sachen Nachhaltigkeit konnte L’Oréal darüber hinaus erzielen?

Wir haben es beispielsweise geschafft, unseren CO2-Fuß­abdruck von unserem Wachstum zu entkoppeln: Zwischen 2005 und 2022 konnten wir die absoluten CO2-Emissionen unserer Fabriken und Vertriebs­zentren um 91 Prozent reduzieren, während das Produktions­volumen gleich­zeitig um 45 Prozent gestiegen ist. Weiterhin konnten wir bis Ende 2022 durch Produkt­innovationen 24 Prozent der CO2-Emissionen einsparen, die bei der Benutzung unserer Produkte entstehen. Ziel sind 25 Prozent bis 2030. Eine komplette Übersicht, wo wir in Bezug auf unsere Umwelt­ziele stehen, gibt es in unserem aktuellen Geschäfts­bericht.

Es reicht nicht aus, im Elfen­bein­turm Ziele für das eigene Unternehmen zu formulieren. Letzt­endlich beruht der Erfolg beim Erreichen nach­haltiger Ziele immer auf Team­arbeit.

Joël Tronchon

Was ist aus Ihrer Sicht die Erfolgsformel für nachhaltiges Engagement?

Es reicht nicht aus, im Elfenbein­turm Ziele für das eigene Unternehmen zu formulieren. Letzt­endlich beruht der Erfolg beim Erreichen nach­haltiger Ziele immer auf Teamarbeit. Unsere Ergebnisse sind nur dann gut, wenn wir als welt­weites L’Oréal-Team mit mehr als 87.000 Kolleg:innen gemeinsam daran arbeiten, diese Ziele zu erreichen – und wenn wir unsere Wertschöpfungs­kette mit einbeziehen. Denn ohne unsere Lieferanten, Einzel­händler und vor allem unsere Verbraucher:innen geht nichts. Wir können mit unserem Produkt- und Verpackungs­design die Weichen stellen. Aber angewendet, genutzt und entsorgt werden unsere Produkte bei unseren Kund:innen zu Hause.

Nehmen Sie denn wahr, dass die Nachfrage nach nachhaltigen Kosmetik- und Haar­pflege­produkten auch auf Seiten der Kund:innen steigt?

Das gestiegene Bewusstsein ist auf jeden Fall da, und Kund:innen haben – völlig zurecht – auch eine Erwartungs­haltung an uns als Unternehmen und an die rund 6,5 Milliarden Produkte, die die 36 Marken unter unserem Dach pro Jahr herstellen. Nach­haltig­keit und Veränderung müssen jedoch auch begleitet werden. Hier stellen wir uns als Unternehmen der Verantwortung, die Vorteile von zum Beispiel ökologisch gestalteten Produkten und Verpackungen konkret aufzuzeigen. Gelingt es uns, die Notwendigkeit und Vorteile gut zu erklären, sehen wir auch, dass die Verbraucher:innen ihre Gewohnheiten und Routinen ändern.

Stichwort Greenwashing: Wie lässt sich Ihr Engagement nach außen hin glaubhaft vermitteln?

Ich kann durchaus verstehen, dass Verbraucher:innen das Nachhaltig­keits­engagement von Unternehmen infrage stellen. Daher ist zum Beispiel unser Jahres­bericht eine wichtige Quelle für alle, die mehr erfahren wollen. Hier berichten wir transparent über unsere CSR-Ziele und unseren Fortschritt in diesem Bereich. Als inter­nationaler, börsen­notierter Konzern haben wir zahl­reiche Berichts­pflichten zu erfüllen, und unsere Nach­haltigkeits­kenn­zahlen werden ebenso geprüft wie unsere Finanz­kenn­zahlen.

Damit sind wir auch beim Kern der Antwort auf Ihre Frage: Wir schaffen Glaubwürdigkeit dadurch, dass unsere Ziele messbar sind – und unser Fortschritt auch von externen Quellen bestätigt wird. L’Oréal ist beispiels­weise das einzige Unternehmen welt­weit, das für seinen Beitrag zum Schutz von Klima, Wasser und Wäldern sieben­mal in Folge vom Carbon Disclosure Projekt (CDP) mit einem Triple-A-Rating ausgezeichnet wurde.

Wie schaffen Sie als weltweit operierendes Unter­nehmen die nötige Transparenz?

Indem wir Transparenz als einen echten Mehrwert für unsere Kund:innen verstehen. Wir haben beispiels­weise die Website „Einblicke in unsere Produkte“ aufgesetzt. Hier informieren wir über die von uns verwendeten Inhalts­stoffe. Das Online-Angebot „schoen-trennen.de“ wiederum informiert über das Recycling von Kosmetik­verpackungen. Zusätzlich haben wir gemeinsam mit externen Wissenschaftler:innen den „Environmental Score“ geschaffen, der extern durch die Zertifizierungs­gesellschaft Bureau Veritas akkreditiert wird.

Dieser Score ordnet ein Produkt zwischen A und E ein. Haupt­augen­merk liegt dabei auf dem Wasser- und CO2-Fußabdruck, weil wir wissen, dass von diesen Bereichen die größten Umwelt­auswirkungen ausgehen. Er gibt aber auch Auskunft über den Produktions­ort, die gewählte Verpackung und die sozialen Auswirkungen entlang der Wert­schöpfungs­kette. Abgerufen werden kann der Score online und über einen QR-Code auf dem Produkt, der wiederum zu der detaillierten Produkt­informations­seite führt.

Zum Ende des Geschäftsjahres 2022 war der „Environmental Score“ für 83 Prozent aller ab- und auswasch­baren Produkte der Gruppe verfügbar. Damit liegen wir zwar ein Stück hinter unserem Ziel, diesen Score bis Ende 2022 schon für alle Produkte dieser Art anzubieten, aber diesen Rückstand holen wir auf. Parallel dazu arbeiten wir im EcoBeautyScore Consortium mit über 60 Unternehmen aus der Branche an einem einheitlichen Standard, der die Vergleichbarkeit zwischen Produkten verschiedener Hersteller ermöglicht.

Sie sprechen viel davon, dass es nur gemeinsam geht. Warum ist Kooperation so wichtig, um Nach­haltigkeits­ziele zu erreichen?

Nachhaltige Veränderungen funktionieren nicht als Insellösungen, weil wir immer Teil eines Ökosystems sind. Teil einer Wert­schöpfungs­kette, Teil einer Gemeinschaft. Nach­haltiger Wandel funktioniert nur, wenn wir uns das vor Augen halten und im besten Fall gemeinsam an Verbesserungen arbeiten. Viele kleine Schritte schaffen gemeinsam eine große Bewegung.